Stammkunden Reblichten Vogelgespräche Kulturprojekte Marlen Karlen Kontakt  

Tagesanzeiger 6.8.2003
Kulturteil Stadt Zürich

MARKT

Grün verpackt ist halb gewonnen
Am grünen Wickel packen


VON ESTHER SCHEIDEGGER

Am Anfang waren die Feigenblätter. Mit solchen verhüllten unsere Stammeltern, noch im Paradies, direkt ab Baum und zweifelsfrei bio jene Stellen, die heute allenfalls noch an hohen kirchlichen Feiertagen in den Guckkästen von Striptease-Lokalen züchtig mit Sternchen überklebt werden.

Verpacken ist quer durch die Zeiten Mode geblieben, vorzugsweise in Grün und in kulinarischen Belangen. In Afrika wickelt man Maniokbrei in Bananenblätter, in China Fisch in Bambusblätter, in der Türkei und in Griechenland alles Mögliche in Rebenblätter. Und was wäre die Bündner Küche ohne die Capuns, gefüllt mit Spätzle, Magerspeck, Bündnerfleisch, Landjäger, Salsiz, Brot, Dörrbirnen und «Jarva tschuora», Krauseminze? Für diese appetitlichen Geschenkpäcklein, die zuletzt mit braucht man Mangold, der lange als Armeleute- oder auch Schweinefutter abgetan wurde. Heute schwärmen nicht nur die Spitzenköche in Chamfer (Jöhri) und Sta Maria (Wanninger), sondern auch am Zürichsee (Petermann) für Capuns. Die besten macht jedoch stets die eigene Mutter – kein Wunder, dass es heisst, es gebe so viele alleinseligmachende Capunsrezepte wie Schwiegermütter in Graubünden. Es empfiehlt sich, die Mangoldblätter – Krautstiel ist eine passable Alternative – vor dem Einwickeln der Füllmasse zu blanchieren, eine Minute nur in kochendem Wasser, und sie dann eiskalt abzuschrecken, weil sie sich sonst verfärben.

Einwickeln – eine gesamtschweizerische kulturelle Herausforderung! Ein Paradebeispiel sind die «vertaschten Weinblätter» von Marlen Karlen (www.vogelgespraeche.ch). Die ansteckend engagierte Walliserin, Studienleiterin Museumspädagogik, initiiert vielfältige «Kulturprojekte in der Landwirtschaft», zusammen mit ihrem Partner Guido Lenz, Wirt des Weinbergs biolenz in 8524 Uesslingen TG (bei Andelfingen). Ein delikates Gesellenstück sind eben diese ihre – zur Nachahmung empfohlenen – Weinpäckli. Sie füllt sie mit Brennessel- oder auch mit Honigreis. Experimente lohnnen

Das Rezept

Brennesselspitzen roh mit Stabmixer vermusen. Olivenöl zugiessen, eine geschmeidige Paste rühren, pfeffern und salzen. Das Pesto mit erst halb gar gekochtem Reis mischen. Ungespritzte Weinblätter in leicht gesalzenem Wasser 3 bis 5 Minuten kochen. Blätter auf einem grossen Teller ausbreiten, mit der glatten Seite nach unten. Füllung drauflegen. Die Blattenden ganz ganz links und rechts über den Reis falten und vorwärts bis an den obersten Rand des Blattes rollen. Die Päckli in eine Pfanne dicht nebeneinanderlegen. Mit Gemüsebouiilon begiessen, auf kleinem Feuer nochmals zehn Minuten garen. Lauwarm oder kalt servieren.

Bio-Weinblätter sind auf den Zürcher Märkten noch nicht greifbar. Schade! Fragen Sie die Bäuerin oder den Bauern Ihres Vertrauens.